„Brockenblick“ ohne Brockenblick
14. Juni 2014
Allmählich kratzt Thomas an seinen physischen Grenzen. Aufgewacht mit Schmerzen im linken Fuß hat er heute morgen beschlossen, die Augen wieder zu zu machen und weitere zwei Stunden zu schlafen. Danach war’s besser. Bei gutem Wanderwetter hat er den Campingplatz dann verlassen und seine Wanderung fortgesetzt. Die großen Erlebnisse und Begegnungen sind aber heute ausgeblieben. Ein Aussichtspunkt am Wege war ausgeschildert mit „Brockenblick“, vom Brocken jedoch keine Spur: der Himmel war wolkenverhangen. Er wird den Brocken noch früh genug kennenlernen.
Der Weg war stellenweise erneut problematisch, ein langes Stück am Stichkanal von Salzgitter entlang erwies sich als völlig unpassierbar, weil der Pfad mit hohem Gras und Gestrüpp total überwuchert war, und sicherlich seit Jahren nicht mehr begangen wurde. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf die nahe Bundesstraße B39 auszuweichen und wieder Asphalt zu laufen, bis er am Ende des Kanals wieder auf seinen Weg stoßen konnte.
Er war jetzt in Salzgitter, mitten in einem Industriegelände. Und auch hier stieß er immer wieder auf abgezäunte Bereiche, die ihn zu Umwegen gezwungen haben. Das nervte. Zum Glück waren es nur noch wenige Kilometer über Wald- und Wiesenwege bis zu seinem Ziel im Stadtteil Heerte, wo er sich für die Nacht ein Gasthaus suchen wollte.
Aber das hört sich einfacher an, als es war, es gab nichts. So war er wieder auf die Hilfe seiner Frau in der Ferne angewiesen, die ihm schließlich eine Pension im Nachbarort Gebhardshagen organisieren konnte. Als Thomas an einer Tankstelle in Heerte nach dem Weg dorthin fragen wollte, erbot sich ein freundlicher Autofahrer, ihn die 5 km bis dahin mitzunehmen, was Thomas dankbar angenommen hat.
Erleichtert, wieder ein geräumiges Zimmer mit gutem Bett und Dusche zur Verfügung zu haben, um den Rucksack und die Knochen neu sortieren und das Zelt und die Klamotten mal durchlüften zu können, hat er beschloschlossen, nach einem kurzen Abendessen sehr früh das Bett aufzusuchen, und sich solange wie möglich dem Schlaf zu ergeben. Aber hoffentlich wacht er morgen rechtzeitig wieder auf, damit er auch morgen wieder von seinen Erlebnissen berichten kann.