Cycle Circle in Stuttgart

Mountain-Biken in der Landeshauptstadt

Mountain-Biken in der Landeshauptstadt? Nicht unbedingt das was man als Bikerevier erwarten würde – aber lest selbst.

Samstag

Heute geht es auf eine, wie es sich herausstellte, überraschend grüne und waldige Tour nach Stuttgart! Der Tourenstart am Tübinger Hauptbahnhof beginnt -natürlich- mit Bahnchaos. Etliche Bikes in einen vollen und verspätenen Regionexpress reinzustopfen ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. In Stuttgart angekommen geht der Weg, nachdem sich dann alle nochmal mit Sonnencreme gesalbt haben, vom Hauptbahnhof Richtung Marienplatz. Von dort aus zackig mit der Zacke hoch nach Degerloch – inklusive Premiumausblick über den Stuttgarter Kessel. Zickezack geht’s auch wieder runter, nämlich den ersten und einzigen legalen Downhill „Woodpecker Trail“.

Nach diesem matschigen aber schönen Einstieg sind spätestens alle wach und es geht in Richtung Dornhalden-Friedhof, wo wir die Gräber der RAF Mitglieder Baader, Enslin und Raspe besichtigen. Weiter geht’s über die Schwäblesklinge, Heslach und Waldwege zum Dachsweg. Der Klabustermann ist ein ebenfalls sehr bekannter und schöner Downhill mit interessanten Kompressionen und Wurzelpassagen. Ganz im Flow schweben wir geradezu den Berg hinab. Danach herrscht einige Verwirrung über die Strecke, da wir uns den Weg kollektiv erarbeiten müssen. Einige Garminschleifen sind unvermeidbar. Dann taucht nur kurz das Straßengeflecht des Schattenrings aus dem Wald auf, wir passieren ihn in Richtung Bärensee. Bei einer Pause im Bärenschlössle sitzen wir ein kurzes Gewitter ab, nebenbei wird der ein oder andere Kuchen oder Wurstsalat verzehrt.

Nachdem sich alle gestärkt haben und zur allgemeinen Belustigung auch ein paar etwas veraltete Regenhosen vorgeführt wurden, geht es weiter in Richtung Birkenkopf. Wir entkommen glücklicherweise vorerst dem Regen und der Trail geht durch zauberhafte Waldstücke. Nach einigen Kurbeln auf den Monte Scherbelino genießen wir noch einmal eine ganz andere wunderbare Aussicht auf die Schwabenmetropole.

Weiter geht’s auf Waldwegen und Trails an der Dischinger Burg vorbei. Hier wird ebenfalls viel von Jugendlichen „Locals“ in den Wald gebaut. Die Trails sind spitze – leider verfahren wir uns auch hier. Durch die Feuerbacher Weinberge geht es in den Norden von Stuttgart. Schließlich kreuzen wir die B10 und erst hier enden die Wald-und-Wiesenwege und wir fahren durch bebautes Gebiet. Es ist schon erstaunlich wie weit man in Stuttgart fahren kann ohne allzu viel Asphalt unter die Räder zu bekommen.

Vor dem aufziehenden Regen flüchten wir uns ins Aussichtscafé Diestelburg. Das Timing ist perfekt, da es genau jetzt wie aus Kübeln schüttet. Leider ist auch die Aussicht – aufgrund des aufziehenden Wetters – mit Planen verhangen. Der Weg zum Bahnhof in Bad Cannstatt wird etwas verkürzt, hektisch und im Regen durch den Rosensteinpark angetreten, den Zug bekommen wir glücklicherweise trotzdem noch. Ein sehr schöner Tag auf dem Bike geht zu Ende und wir sind alle feucht aber glücklich. Wer hätte das gedacht, dass die Großstadt Stuttgart so viele tolle Wege zu bieten hat.

Sonntag

Der Regionalexpress bringt uns wieder pünktlich nach Bad Cannstatt, wo wir am Vorabend den ersten Halbkreis um Stuttgart beendet haben. Relativ schnell lassen wir die ansehnlichen städtischen Häuserblocks hinter uns und gelangen durch den Schrebergartengürtel in die freie Landschaft. Über Weinbergwege kurbeln wir auf den Kappelberg und genießen dort die fantastische Aussicht auf den Stuttgarter Talkessel. Weiter geht’s über den Bergrücken zum Kernen, wo an der Anton-Entreß-Hütte die erste Rast eingelegt wird. Nebenbei wird der Kernenturm bestiegen und das 360°-Panorama auf Rems- und Neckartal bewundert. Von 513 Meter Höhe geht’s nun neckartalseitig hinab. Der ausgewählte Trail ist durch den nächtlichen Regen etwas glitschig und der Autor hat heute nicht seinen besten Tag, so dass er der Gruppe öfter mal hinterherschiebt. Den letzten Trailabschnitt vor der Waldschenke Siebenlinden genießt die Gruppe als erdigen Flowtrail. Erdig heißt heute matschig, so dass sich der wasserscheue Autor etwas zurückfallen lässt und heimlich auf die parallele Pflasterstraße ausweicht. Zehn Meter vor der Waldschenke Siebenlinden biegt er aber wieder auf den Trail ein und nimmt noch die letzte Pfütze des Trails mit, so dass er halbwegs so aussieht wie die richtigen Helden und nicht weiter auffällt.

Nach herzhaftem Mittagessen hoch über dem Neckartal im schönsten Sonnenschein ziehen wir noch eine Schleife über Stuttgart-Rotenberg auf den Württemberg. Schnell stellt sich heraus, dass wir nur lupenreine Demokraten in unseren Reihen haben, die lediglich der schönen Aussicht, nicht jedoch den hier begrabenen württembergischen Königen huldigen wollen. Über Uhlbach und Obertürkheim ist schnell der Neckar erreicht, mit 230 m der heutige geografische Tiefpunkt. Das bedeutet, auf der anderen Talseite geht’s wieder hoch, über einen einsam-schönen Trail durchs Dürrbachtal, bis in 462 m Höhe der Frauenkopf mit seinem raumschiffartigen Funkturm erreicht ist. Über Waldwege queren wir nach Degerloch und erreichen – Déjà-vu – den Einstieg des Woodpeckers. Und da wir nun all seine Kurven und Tücken kennen, lassen wirs nochmal richtig krachen und haben unseren Spaß an diesem Super-Downhill, der uns in der Stuttgarter Südstadt wieder ausspuckt. Über den Marienplatz zum Hauptbahnhof führt unsere längste urbane Fahrradwegstrecke, im Schlossgarten ist bis zur Abfahrt des Zugs noch Zeit für ein Bierchen.

Zwei tolle Tourentage rund um Stuttgart mit hohem Trailanteil und knackigen Downhills liegen hinter uns. Vielen Dank Ferdi für die tolle Tourenplanung mit minimaler urbaner Berührung und maximalem Landschaftserlebnis, vielen Dank Gerhard fürs Einspringen als Guide!


Termin: 25. 05. – 26.05. 2019
Organisation/Führung: Ferdi Thieme, Gerhard Lude
Berichte: Lena Kramer (die sich über weiblichen und jungen Zuwachs freuen würde) und Uwe Hekel