Fahr-Technik-Kurs im Pfälzerwald

oder: wie man über nasse Wurzeln fährt

Freitag

Es regnete in Strömen als ein fremder Mann vor meiner Tür stand. Ich vertraute ihm mein Fahrrad an, stieg zu ihm ins Auto und wir fuhren ein paar Straßen weiter, wo ein anderer großer Mann mit lockigem Haar und einem tarngrünem Fahrrad auf uns wartete. Er hatte eine Herrenhandtasche und wollte im Laufe der nächsten Tage ständig, dass ich ihm in die Augen schaue, und nicht auf mein Vorderrad. Sein Fahrrad hatte – groß und grün – schnell den Spitznamen „Bergepanzer“ weg. – So die ersten, augenzwinkernden Eindrücke des Mountainbike-Technikkurses des DAV Rottenburg.

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in ein entlegenes Gebiet, geprägt von rotem Sandstein und bewaldeten Hängen – den Pfälzer Wald. Auf der Autobahn begegneten wir anderen Autos mit Mountainbikes auf dem Gepäckträger. Eines hatte außerdem noch zwei Holzbohlen auf dem Dach. Am Parkplatz vor der Jugendherberge sammelten sich just diese Autos.

Fahrräder und Holzbohlen wurden abgeladen. Sie dienten später zum Üben – drüber fahren war angesagt.

Wir schmissen uns in die Radlerkluft und gingen das Training auf dem Parkplatz der Jugendherberge an. Angefangen beim Gerade aus fahren – ja, das ist nicht ganz einfach… – über Kurven-, Brems- und Gleichgewichtstraining war alles dabei, was man auf dem Trail braucht. Während die großen Oli the Red und Oli the Green auf ihren handlichen Bikes standen, kamen manch andere mächtig ins Wanken. Über Paletten fahren war die Vorstufe für die erste echte Geländestufe.

Nachmittags stand der erste Trail auf dem Programm – das Gelernte konnte angewandt werden. Wagemutig stürzte sich ein Teilnehmer nach dem anderen den Hang hinunter. Während ein kleiner Teil in gemäßigteres Gelände abzweigte, gab es im unteren Teil des Trails die ersten Opfer – eine Kette riss, konnte aber abends im Foyer der JuHe fachkundig repariert werden. Ein Salto über den Lenker blieb hingegen ohne schlimmere Folgen. Um es gleich voraus zu nehmen: Mensch und Rad blieben während des gesamten Kurses von ernstzunehmenden Schäden bewahrt.

Nachdem alle Teilnehmer unter die Dusche gesprungen und sich das jeweilige Haar (Haupt- oder Rücken-) geföhnt hatten, gab es Abendessen und anschließend Theorie, Planung des nächsten Tages. Aber auch die Kunst kam nicht zu kurz: Begriffe wie „Haarnadelkurve“ mussten gezeichnet und erraten werden.

Samstag

Der zweite Tag begann in tristem Grau und Regen, weshalb nach dem Frühstück ein Theorieblock mit Kartenkunde eingeschoben wurde. Die Regenpause haben wir leider verpasst, als wir uns etwas später wieder auf dem Parkplatz zum Training einfanden. Auf dem Programm standen wieder die Kurven – um Pylonen herum, durch Seilschnecken und den parkplatzeigenen Abhang hinab. Aufgelockert wurde das ganze durch kleine Spiele, die fahrtechnische Wunder wirkten.

Der Himmel hatte ein Einsehen und bescherte uns eine sonnige Mittagspause.

In zwei Gruppen geteilt – „Take As It Comes“ und „Trail Basics“ – ging es dann wieder in den Trailpark gleich neben der Jugendherberge.

Die „Trail Basics“ nutzten gleich den ersten Hang um Stehenbleiben und Absteigen nach hinten zu üben. Kurven fahren hieß die Devise im Slalom-Trail, dessen oberer Teil so oft gefahren wurde, bis er richtig saß. Dann ging es weiter über matschige Abschnitte zu Stufen und Wurzelpassagen. Thema. Zum Abschluss ging es noch einmal auf den Slalom-Trail – wo war da bitte heute Mittag das Problem? Deutlicher konnte der Lerneffekt nicht sein.

Gemäß dem Motto „Take As It Comes“ nahm sich diese Gruppe eine Übungsstrecke nach der anderen vor. Und schon bei mittlerem Nivau gab es jede Menge zu bosseln. Schwierige Abschnitte mit engen Kurven, steinige steile Passagen und kniffelige Abschnitte im Schwierigkeitsgrad S2 (teilweise sogar S3). Alles das ist im Trail-Parcours vorhanden. Hier gab es genug Gelegenheit, die Comfortzone zu verlassen und den fahrerischen Horizont zu erweitern. Und das klappte! Am Ende waren alle Teilnehmer platt und „Grundstellung“ und „Blickführung“ in Fleisch und Blut übergegangen.

Nach dem Trail ist vor dem Radler – und so gab es ein kaltes Erfrischungsgetränk vor der JuHe. In der abendlichen Runde wurden die Videos der „Tage As It Comes“ – Gruppe ausgewertet, was zu erstaunlichen Ergebnissen führte. Ein zu kleines Mountainbike, ein zu kleiner Helm und viele gute Kurvenlagen.

Sonntag

Der Sonntag war einer abschließenden Tour gewidmet, die uns über knapp 800 Hm durch den Pfälzer Wald führte. Ein flowiger Trail stand am Anfang, dann eine genussvolle Fahrt durch ein landschaftlich schönes Tal mit urigen Rindern und dem Rätsel, warum der kleine Fluß eingefasst ist (Antwort wegen der Trift – der Bach wurde zum Flößen benutzt). Die 200 hm Aufstieg über Saumpfade mit nassem Laub, Stein und Wurzeln bewältigten die Bergziegen problemlos. Andere hatten da weniger Kondition und mussten schieben. Ein Abstecher zur Burgruine Frankenstein mit schönem Blick auf das Tal war die Belohnung. Über Trails und Zwischenanstiege ging es zum Abschluss auf einen Sprung ins Kaninchenheim. Ist das dann auch ein Bunny Hop?

Als Resümee war der Kurs ein optimaler Start in die Saison. Die Fortgeschrittenen konnten die Technik wiederholen und verfestigen, die Anfänger lernten die Basics kennen und konnten unter super Betreuung und unter optimalen Bedingungen tolle Erfolge verzeichnen. Denn: Wer über nasse Wurzeln fahren kann, hat mit trockenen erst recht kein Problem. Die Gruppe war super, die Stimmung trotz grauen Himmels exzellent.

Die Verabschiedung am Parkplatz war kurz und herzlich – man sieht sich wieder, am „Mittwoch auf Tour“ oder bei „Rottenburg trifft Singen“.


Termin: 15.04.2016 – 17.04.2016
Organisation/Leitung: Gerhard Lude, Ferdi Thieme
Teilnehmer:
Bericht: Marina Monz
Bilder und Video: Ferdi Thieme, Gerhard Lude, Oliver Bantel