Zwischen Wald und Reben

Geniesserwanderung auf dem Ortenauer Weinpfad

WeinpfadDer Ortenauer Weinpfad ist ein ca. 100 km langer Weitwanderweg von Gernsbach im Murgtal bis nach Diersburg südlich von Offenburg im Kinzigtal. Zu weit für eine Sonntagswanderung. Deshalb haben wir uns ein kurzes Teilstück dieses Weges ausgesucht und daraus eine wunderschöne Panorama-Rundwanderung erstellt.

Sieben passionierte Wanderer trafen sich am frühen Sonntagmorgen um 8 Uhr an der Klause in Rottenburg, um diese Tour zu erleben. Die Fahrt führte uns über die Schwarzwaldhochstraße und die Zuflucht, wo uns bald atemberaubende Tiefblicke ins Tal der wilden Rench erwarteten und wo die Morgensonne auf oktoberbunten Wiesen und Wäldern, und wabernde Nebelschwaden eine mystische Atmosphäre über die Landschaft zauberten.

Viele Serpentinen führten über die steilen Westhänge des Schwarzwalds hinab in eines der schönsten badischen Weinanbaugebiete, die Ortenau. Start der Wanderung war in Oberkirch im Renchtal, wo wir die Fahrzeuge am Stadtrand parkten, um dann vorbei an Obstwiesen in den Ortsteil Bottenau zu gelangen. Improvisierte Tische standen am Wegesrand, voll beladen mit reifen Äpfeln, der Apfel zu 10 Cent. Die Kasse stand daneben, der Eigentümer mußte großes Vertrauen in die vorbeikommenden Wanderer haben. Wir nahmen die Einladung an, fütterten die Kassendose mit Münzen und versorgten uns mit frischen, leckeren Äpfeln.

Nach Passieren des Ortes befanden wir uns unmittelbar in den Weinbergen, die herbstlich-bunt in grünen, gelben und braunen Farben in der Sonne leuchteten. Unsere Blicke wanderten über die hügeligen Weingärten bis hinüber zu den Höhen des Schwarzwaldes. Wir rätselten, was dort zu erkennen war, wenn die Nebelschwaden wieder einen freien Blick auf einen der fernen Berge zuließ. Hornisgrinde? Schliffkopf? Kniebis? Mooskopf?

Ortenau-Panorama
Ortenau-Panorama

Schon bald gelangten wir zur St.-Wendelinus-Kapelle, einem barocken Kleinod aus dem Jahre 1756, direkt am Wege mitten in den Reben, wo noch heute alljährliche Wallfahrten und Pferdeprozessionen mit anschließender Segnung der Tiere stattfinden. Nach einem Besuch der Kapelle setzten wir unseren Weg fort, um die Vorbereitungen für eine Hochzeit, die hier wohl stattfinden sollte, nicht zu stören.

Die Trauben waren größtenteil bereits gelesen, aber doch nicht alle. Und die, die noch hingen, verführten uns zum Naschen. Die Trauben waren so süß und schmeckten so gut, daß wir uns zügeln mußten; schließlich soll aus den reifen Früchtchen ja noch ein leckeres Weinchen werden.

HerbstfärbungGelegentlich führte der Weg mal kurz durch lichten Laubwald in voller Herbstfärbung. Hier brauchten wir uns nicht zu zügeln, um andere Früchte vom Boden aufzusammeln: reife Maronen. Der eine oder die andere steckte sich hier die Taschen auch voll mit diesen essbaren Kastanien, Nervennahrung für unterwegs.

Die Nebelschwaden wurden lichter und gaben immer mehr herrliche Blicke auf farbige Rebhänge und dahinterliegnede Schwarzwaldberge frei. Nur den Blick hinunter ins Rheintal oder gar hinüber ins französische Elsaß wollte der Nebel uns nicht gönnen. Statt dessen tauchte bald vor uns das wehrhafte Schloß Staufenberg auf, eine frühere Zähringerburg, heute im Besitz des Adelsgeschlechtes Markgraf von Baden. Von der Aussichtsterasse konnten wir wunderbare Blicke hinunter nach Durbach, einem der Haupt-Weinorte der Ortenau, und auf die umliegenden Weinhügel genießen. Mal längsgestreifte, mal quergestreifte Reihen von Reben und gestaffelte Hänge und Hügel bildeten vielfältige und abwechslungsreiche Muster. Ein wunderbarer Platz für unser Vesperbrot.

GeniesserpfadeDer weitere Weg führte uns oberhalb der Weinberge am Waldrand entlang. Traumhafte Rück-Blicke auf das Schloß und seine schöne Lage ließen uns immer wieder verweilen und fotografieren. Schließlich wechselten wir an der Brandstetter Kapelle auf dem kleinen Bergpaß zwischen Bottenau und Durbach die Talseite. Nur kurz danach erreichten wir den Hummelswälder Hof, in einem idyllischen Seitental am Rande des Hummelswaldes. Auch wenn wir unser Mittagsvesper bereits verputzt hatten, eine richtige Wanderung ist erst mit Kaffee und Kuchen wirklich perfekt. Und das war der richtige Ort dafür. Diejenigen, die sich jetzt für eine Schwarzwälder Kirschtorte entschieden hatten, erlebten schließlih eine Überraschung: was manchmal anderen Ortes an Kirschwasser in der Torte fehlte, wurde hier wieder gut gemacht. Beim Backen muß wohl eine ganze Flasches des edlen Tropfens hineingefallen sein; ein zweites Stück hätte wahrscheinlich bereits für einen glasigen Blick und einen schwankenden Gang genügt…

Der Rückweg nach Oberkich führte jetzt überwiegend durch Wald, aufgelockert immer wieder mit freien Blicken zu den Weinhängen auf der gegenüber liegenden Talseite. Ein kurzer Abstecher brachte uns auf den 440 m hohen Geigerskof, auf dessen Gipfel ein luftiger Aussichtsturm des Schwarzwaldvereins thront. Eine schmale Wendeltreppe schraubt sich mit 100 Stufen zu seiner oberen Plattform, von wo sich ein phantastischer Rundblick über große Teile der Ortenau und das Schwarzwaldpanorama vom Merkur bei Baden-Baden bis zu den Bergen jenseits des Kinzigtals bietet. Hier oben konnten wir allerdings jetzt auch die dunklen Wolken sehen, die sich über den Himmel ausgebreitet und allmählich die Sonne vertrieben hatten. Tatsächlich begann kurz darauf auch ein leichter Regen, der uns aber den schönen Wandertag nicht mehr trüben konnte. Schließlich waren wir nach sechseinhalb Stunden wieder am Parkplatz, um die Rückfahrt nach Rottenburg anzutreten.

Wir nutzten die Fahrt dann noch für eine Unterbrechung, um die erst letztes Jahr neu errichtete Aussichtsplattform auf dem Buchschollen oberhalb von Kniebis-Dorf zu besuchen. Von hier eröffnet sich ein phantastischer Tiefblick auf den Ellbachsee, einer der eiszeitlichen Karseen, der hier eindrucksvoll in einer fortgeschritttenen Verlandungsphase überschaut werden kann. Dahinter geht der Blick schließlich über die Seitentäler von Baiersbronn bis hinauf zum Hornisgrinde-Massiv. Auf jeden Fall war das noch ein lohnenswerter Abstecher und ein runder Abschluß des Tages.


Autor: Gustav Rechlitz
Datum: 12. Oktober 2014
Tourenführer: Gustav Rechlitz
Teilnehmer: Moni & Gerhard, Moni S., Marlies, Dietrich, Norbert, Gutav

Tourverlauf: