Im Frühling auf dem Neckarsteig

Premiumwandern durch den Odenwald

Wolfgang hatte die Idee, den noch recht jungen Neckarsteig (erst im April 2014 eröffnet) zum Ziel seiner diesjährigen Wanderung zu machen. Mit 127 km ist die Strecke jedoch zu lang, um sie an einem Wochenende unterzubringen, also teilte er die Strecke in zwei etwa gleich lange Teile auf. Der erste Teil, von Bad Wimpfen bis Eberbach, sollte in drei Tages-Etappen dieses Jahr absolviert werden, Teil zwei von Eberbach bis Heidelberg steht dann nächstes Jahr auf dem Plan.

Wolfgang Dahms
Wolfgang Dahms

Aber noch ehe die Tour starten konnte, machte unsere Deutsche Bahn – besser gesagt: die Lok-Führer mit ihrer Gewerkschaft – einen Strich durch die Rechnung. Geplant war, am Freitag morgen mit dem Zug von Rottenburg nach Bad Wimpfen zu fahren. Die Lok-Führer hatten jedoch für unsere Wanderung keinen Sinn; sie streikten. Kurzfristig und spontan mußte umdisponiert werden: statt mit dem Zug mußten zwei Fahrer gefunden werden, um die neun Teilnehmer zum Startpunkt in Bad Wimpfen zu bringen. Und weil wegen des Bahnstreiks mit verstopften Autobahnen zu rechnen war, wurde die Abfahrt auch um einen Tag vorverlegt, mit einer zusätzlichen Übernachtung in Bad Wimpfen.

Das war eine kluge Entscheidung, denn so waren wir am Freitag morgen ausgeruht und entspannt, als uns um 10:00 Uhr ein Stadtführer am Hotel „Traube“ abholte und uns erst mal die abwechslungsreiche Geschichte der ehemaligen Stauferpfalz und späteren Freien Reichsstadt in einer mehr als einstündigen Stadtführung nahebrachte.

Nach dem sehr aufschlussreichen Rundgang durch die Gassen der Altstadt startete schließlich die Wanderung. Bereits am Abend zuvor hatten die beiden Fahrer ein Auto am ersten Etappenziel in Haßmersheim deponiert, da durch den Verzicht auf die Bahnfahrt das tägliche Nachziehen der Fahrzeuge notwendig geworden war. Das war natürlich eine tägliche Unannehmlichkeit, brachte aber den Vorteil mit sich, dass wir nicht unser gesamtes Gepäck auf dem Rücken tragen mussten, sondern uns lediglich mit einem kleinen Rucksack samt der Unterwegs-Verpflegung bewappnen mussten.

Nach einer guten Stunde Wanderung entlang des Neckars durch die Weite des Kulturraums um Bad Wimpfen veränderte sich die Kulisse. Wir betraten den sehr schönen, waldreichen Naturpark Neckartal/Odenwald, der uns immer wieder schweißtreibende Anstiege, schattige Pfade, phantastische Ausblicke und geschichtsträchtige Burgen bzw. Ruinen bescherte.

Guttenberg10001Sehr eindrucksvoll zeigte sich bereits die erste Burg auf unserem Weg: die Burg Guttenberg. Die ausgedehnte und vollständig erhaltene Stauferburg aus dem 12. Jahrhundert thront hoch über dem Neckartal und wird noch immer von ihren Burgherren bewohnt. Sie beherbergt heute eine sehr sehenswerte Greifvogelwarte, die wir jedoch aus Gründen unseres Zeitplans und des noch vor uns liegenden Wanderpensums leider nicht besichtigen konnten. Aber für eine Vesperrast auf einer Aussichtsterasse reichte die Zeit.

Von der Höhenlage der Burg führte der Weg wieder zurück ins Tal und querte schließlich bei Gundelsheim an einer Schiffsschleuse den Neckar. Auf der jetzt rechten Flussseite durchquerten wir den malerischen Weinort Gundelsheim, einst Sitz der Deutschordensritter. Die schöne mittelalterliche Kulisse (und natürlich auch das traumhafte Wetter) luden dort zu einer Einkehr in ein Café, wo wir uns mit Kaffee, Kuchen und Eis für unsere bisherigen Strapazen selbst belohnten.

Beherrscht wird die Kulisse von Gundelsheim vom mächtigen Schloss Horneck, das wir als nächstes ansteuerten. Als Wehrburg gebaut, wurde sie im 18. Jahrhundert zu einem barocken Schloss umgebaut; die weitläufige Anlage bietet dem Wanderer phantastische Blicke über das Neckartal. Heute dient sie als Kultur- und Versammlungsstätte samt Pflegeheim der „Siebenbürger Sachsen“.

Von hier war es nicht mehr weit bis zum ersten Etappenziel: Haßmersheim am linken Neckarufer. Während der Neckarsteig weiter rechts des Flusses verläuft, mußten wir auf einer funkelnagelneuen Fußgängerbrücke die Seite wechseln, um zu unserem Quartier im „Ritter“ zu gelangen. Noch vor einem Jahr gab es diese Brücke nicht, statt dessen sorgte an dieser Stelle eine jetzt ausrangierte Fähre für den Wechsel auf die andere Seite.

Für die beiden Fahrer stand jetzt erst mal wieder die tägliche Prozedur des Nachziehens der Autos an, bevor wir uns auf ein üppiges Abendessen und eine erholsame Nacht freuen konnten.

Auch am nächsten Morgen war die erste Aktion nach dem Frühstück der „Shuttle-Service“. Danach führte uns der Weg auf die zweite Etappe wieder zurück auf die andere Talseite, wo wir auf die schon lange im Blickfeld liegende Burg Hornberg zusteuerten. Hier residierte über 45 Jahre lang Götz von Berlichingen, weswegen die Burg auch als „Götzenburg“ bezeichnet wird. Ursprünglich aus zwei eigenständigen Burganlagen entstanden, beherbergt sie heute eines der ältesten Weingüter der Welt. Auch hier bot sich uns wieder ein großartiger Tiefblick ins Neckartal.

20150506_100004Vorbei an Neckarzimmern verließen wir schließlich das Neckartal, um durch lichte Wälder und entlang grüner Wiesen der Odenwald-Stadt Mosbach zuzusteuern. Als wir an einer (offensichtlich nicht mehr im Betrieb befindlichen) Kaserne vorbei kamen, erinnerte sich Gustav, dass er hier vor über 40 Jahren schon einmal als Bundeswehr-Soldat auf einer Dienstreise war, im Rahmen einer groß angelegten Blutspende-Aktion.

Mosbach empfing uns mit plätschernden Bächen, die offen den Hang hinunter in die Gassen der idyllischen Altstadt an der Elz, einem Neckar-Nebenfluss, führen. Am wunderschönen, mittelalterlichen Marktplatz herrschte ein reges Markttreiben, so daß wir uns entschlossen, hier zu rasten und zu vespern und den Menschen beim Schlendern zwischen den Marktständen zuzuschauen.

Mosbach
Marktplatz Mosbach

Unser Etappenziel war jedoch noch nicht erreicht, lange konnten wir also nicht verweilen. Der Weg führte quer durch die Stadt auf die andere Seite des Elztals und dann steil nach oben. Panoramablicke entschädigten uns für den schweißtreibenden Anstieg in der prallen Sonne. Auf der Höhe führte der Weg über abwechslungsreiche Kulturlandschaften. Auf der gegenüberliegenden Talseite blickten wir auf das vor 10 Jahren stillgelegte Atomkraftwerk Obrigheim und waren überrascht, wie unscheinbar das Werk in der Tallandschaft wirkte.

Kurz vor Neckargerach wartete ein besonderes Highlight der heutigen Etappe: die Durchquerung der Margarethenschlucht. Hier hat der kleine und unbedeutende Flursbach sich auf einer Länge von nur ca. 300 Metern tief in den Bundsandstein gegraben und dabei eine beeindruckende Wasserfall-Szenerie geschaffen. Über 110 Meter stürzt sich der Bach über hohe Kaskaden ins Tal, was auch dem Wanderer auf einem steilen und manchmal rutschigen Pfad einige Mühen abverlangt.

Vom oberen Ausgang der Schlucht war es nicht mehr weit bis Neckargerach, dem zweiten Etappenziel, wo wir am späten Nachmittag eintrafen und nach der obligatorischen Auto-Prozedur im „Grünen Baum“ uns einquartierten.

Neckarsteig23
von Neckargerach zur Minneburg

Der dritte Tag führte uns gleich wieder über eine Brücke auf die linke Neckarseite. Hier gönnten wir uns die Abkürzung einer langen Wegschleife über Neckarkatzenbach, weil nach der heutigen langen Etappe bis Eberbach noch die dreistündige Heimfahrt anstand. Der Anstieg zur Ruine Minneburg führte uns durch ausgedehnte, intensiv duftende und intensiv gelb strahlende Rapsfelder. Die aus Haupt- und Vorburg mit Zwinger bestehende Minneburg bot uns einen sehr schönen Blick aus der Höhe auf das gegenüberliegende Neckargerach und lud zur Erkundung der Ruine ein.

Nach Verlassen der Burg führte der Weg durch waldreiche und schattige Abschnitte, auf denen der tief unter uns liegende Neckar nur an wenigen Stellen sichtbar wurde. An einem idyllisch gelegenen Weiher mit daneben stehender Schutzhütte bot sich der ideale Platz für die heutige Rast zum Vespern. Und noch eine Burgruine bereicherte die heutige Wanderung: die Burg Stolzeneck auf einem bewaldeten Felsplateau. Auch hier zeigte sich die bereits bekannte Struktur: Kernburg mit Vorburg und Zwinger. Und dazu eine hohe Schildmauer mit einem begehbaren Wehrgang, der über eine luftige Freitreppe erreicht werden konnte. Die starke Bewaldung der umgebenden Landschaft verhinderte jedoch leider die sicherlich einmal vorhandenen Panoramablicke ins enge Neckartal.

Von hier gelangte der Weg wieder hinunter ins Tal, wo an einer sehr imposanten Schiffsschleuse wieder die Neckarseite gewechselt wurde. Auch auf dieser Seite beherrschte Wald die Szenerie. Kurz vor Eberbach bot sich wieder die Abkürzung einer längeren Schleife an, für die wir uns mit Blick auf die Uhr und die noch anstehende Heimfahrt schließlich auch entschieden haben. So erreichten wir schließlich am Nachmittag Eberbach, das Ziel der dritten Etappe und gleichzeitig das Ziel dieses ersten Teils des Neckarsteigs. Ein kurzer Bummel durch das Städtchen und eine anschließende Einkehr auf einer Caféhaus-Terrasse direkt am Neckar rundeten die schöne Tour schließlich ab.

Unser aller Dank gilt natürlich Wolfgang, der sich mit viel Planungs- und Organisationsaufwand einschließlich einer Vorabbegehung im Vorjahr als perfekter Führer der Tour erwiesen hat. Alle Teilnehmer haben ihm bereits angedroht, sich ihm im nächsten Jahr wieder anschließen zu wollen, und so hoffen wir auf eine schöne Fortsetzung und einen erfolgreichen Abschluss des kompletten Neckarsteigs.


Termin:
05.05.2015 – 07.05.2015

Organisation/Führung:
Wolfgang Dahms

Teilnehmer:

Startpunkt Bad Wimpfen:

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