Ich will Kühe …
21. Juni 2014
Die Pension in Apfelstädt erwies sich wieder mal als Glücksgriff. Prima geschlafen und zum Frühstück wurde er mit Kaffe, frischen Tomaten, Orangensaft und Ei verwöhnt. Gut gerüstet für den Tag.
Die Wanderung führte Thomas nach wenigen Kilometern in die Stadt Arnstadt hinein, am Rande des Thüringer Waldes. Das wollte er nutzen, um sich mit neuer Unterwäsche zu versorgen, da die mitgeführte Wäsche doch langsam Zeichen der extremen Beanspruchung aufwies und erste Auflösungserscheinungen zeigte. Tatsächlich hatte er auch bald einen Laden mit Outdoor-Ausstattung gefunden. Dummerweise führten sie seine bevorzugte Markenwäsche nicht, Thomas wollte daher weitersuchen.
Er hatte nicht mit dem hartnäckigen Verkäufer gerechnet, der ihm erst mal geschickt den Weg zum Ausgang immer wieder abschnitt. Als dieser merkte, daß er Thomas nicht die gewünschte Unterhose verkaufen konnte, versuchte er es mit einer leichten Regenjacke. Aber Thomas wollte keine Regenjacke, versuchen wir es mal mit einem Rucksack. Genervt von dem tüchtigen, aber aufdringlichen Verkäufer, nutzte Thomas eine kleine Unachtsamkeit des jungen Mannes, um schnell aus dem Laden zu fliehen und sein Glück woanders zu suchen. Aber mittlerweile war 13:00 Uhr vorbei und Samstag. Also alles geschlossen. Die alte Wäsche muß es noch eine Weile tun.
Obwohl der Thüringer Wald ein Wanderparadies darstellt, mußte Thomas auf seinem Weg immer wieder feststellen, daß er recht komisch von den Menschen angeschaut wurde, sobald er sich nicht auf den ausgetretenen und ausgeschilderten Pfaden bewegte. Dabei waren diese Pfade oft viel schöner. Der schönste Pfad allerdings erwies sich als Sackgasse. Ein hoher Zaun mit Stacheldraht, Ketten, Eisenschlössern und Warntafeln versperrte ihm den weiteren Weg. Da hatte wohl einer viel zu verbergen. Thomas blieb nur der geordnete Rückzug, ehe vielleicht auch noch bissige Hunde auf ihn aufmerksam wurden.
Den Umweg, den er dadurch machen mußte, wollte er wieder leicht verkürzen. So entschloß er sich, nicht dem geplanten Weg um einen Hügel mit saftigen grünen Wiesen herum zu folgen, sondern über diesen Hügel hinweg zu steigen. Da gab es zwar einen Elektrozaun als Hindernis, aber mit Hilfe eines Stockes, den er dort fand, konnte er diesen leicht herunterdrücken und drüber steigen. Den Stock wollte er erst mal behalten, wer weiß, ob er ihn auf der anderen Seite des Hügels nicht doch noch mal benötigte, um die Weide zu verlassen.
Dann kam er über den Hügel hinweg. Und stand plötzlich mittendrin in einer ganzen Herde großäugiger, wiederkäuender Kühe, die angesichts dieses unerwarteten Fremdkörpers mit Rucksack das Fressen im Gras unterbrachen und ihm ihre feuchten Zungen entgegenstreckten. Das war Thomas nicht ganz geheuer; wenn die es auf ihn abgesehen hatten und in ihm eine leichte Beute sahen, dann war seine Wanderung unrühmlich beendet, noch ehe er die Hälfte geschafft hatte. Den Holzstock als Waffe bereithaltend, bewegte sich Thomas auffällig unauffällig, nicht zu schnell und nicht zu langsam, hügelabwärts. Und erst als er den Elektrozaun erneut überwunden hatte, konnte er tief durchatmen. Entronnen, gerade noch einmal gut gegangen.
An einem fertiggestellten Tunnel kreuzte er die Neubau-Eisenbahnstrecke Nürnberg-Erfurt, wo die Schwellen bereits verlegt waren, die Schienen aber noch fehlten. Schnell weiter, wer weiß was für Wesen im Tunnel lauern, die Erfahrung mit den wiederkäuenden Weidetieren war für heute Abenteuer genug.
Kurz hinter Traßfeld gelangte Thomas ins idyllische Ilmtal. Dort hatte er sich in Dornfeld ein Freizeitheim direkt an der Ilm ausgesucht, um die Nacht zu verbringen. Seine Frau hatte ihn bereits vorab per Telefon angekündigt und ihm einen Schlafplatz und ein Abendessen gesichert.
Aber erst mal duschen und unter der Dusche die Klamotten waschen. Dummerweise hatte er die kurze Hose, die er trocken für den Abend behalten wollte, irrtümlich auch gegriffen und einer kräftigen Wäsche unterzogen. Als er es bemerkte, war es zu spät. Jetzt stand er da in seiner Badehose und hatte keine andere Hose mehr zum Wechseln. Nur die Unterteile seiner Zip-Hose waren noch trocken, aber wie sieht das denn aus, Badehose mit Zip-Hosenbeinen ;-)?
Zum Glück konnte er die freundliche Wirtin des Freizeitheimes dazu bewegen, ihren privaten Wäschetrockner zur Verfügung zu stellen. In einer Stunde konnte er dann wieder unter die Leute.