27. Tag: Marxheim – Gersthofen

Die Bahn macht mobil

13. September 2014

Es stand fest: das sollte heute die letzte Etappe werden. Thomas hatte zwar zwischenzeitlich erwogen, mit seinem Arbeitgeber über das Abfeiern von Überstunden zu verhanden, um weitere Zeit zur Verfügung zu haben, dem Ziel Zugspitze näher zu kommen. Diese Idee hatte er doch schnell wieder verworfen. Das letzte Teilstück muß wohl bis nächstes Jahr warten.
Aber bis Augsburg waren es noch rund 40 km, das war zu weit, erst recht, wenn man dann auch noch mit dem Zug über Ulm-Stuttgart-Tübingen nach Rottenburg reisen will. Der Plan war also, das Tagesziel Mühlhausen am Augsburger Flughafen zu erreichen, um von dort aus den nächst gelegenen Bahnhof anzusteuern.

In Marxheim überquerte Thomas erst mal die Donau, dort wo der Lech in den größeren Fluß einmündet. Von nun an führte der Weg naturnah am Lech entlang(?). In der Ortschaft Rain bei Donauwörth stieß er auf den Blumenpark der Firma Garten-Dehner, einer riesigen parkähnlichen Schaugartenanlage und Naturlehrgarten, mit vielen faszinierenden Elementen aus der asiatischen, mediterranen und britischen Gartenbaukunst. Eintritt frei!

So gerne Thomas sich hier länger die Zeit vertrieben hätte, heute saß ihm die Zeit im Nacken. Er wollte gegen neun zu Hause sein, dazu mußte er um 17:50 am Bahnhof in Gersthofen sein. Ein Blick zur Uhr: das wird knapp! Thomas legte einen Zahn zu, und dann noch einen. Zwölf Kilometer hatte er noch vor sich, und ganze zwei Stunden Zeit! Er müßte einen Schnitt von 6 km/h hinlegen – dem Schreiber steht bereits der Schweiß auf der Stirn. Wenn er es nicht schaffen würde, wäre er eine Stunde später zu Hause. Das wäre kein Beinbruch gewesen, aber wenn Thomas mal vom Ehrgeiz gepackt ist, dann sollte man ihm allseitig Platz machen.

Thomas konnte schon die Gleisanlagen in Gersthofen vor sich sehen, aber keinen Übergang. Der Bahnhof war auf der anderen Seite. Drei Minuten noch – nein, das war nicht zu schaffen. Es sei denn… es sei denn, man vergißt für einen Moment alle bahnbürokratischen Vorschriften und huscht über die Gleise. Gesagt – getan – geschafft! Rein in den Zug und los!

Ups – hätte man nicht auch noch eine Fahrkarte gebraucht? Sorry, dafür war nun wirklich keine Zeit gewesen, das muß man doch verstehen! Bis nach Augsburg kam auch kein Schaffner oder sonstiger Zugbegleiter, der sich für einen Beförderungsberechtigungsnachweis (oder wie auch immer diese Tickets in der Bahnsprache heißen) interessierte. Der Anschluß-ICE in Augsburg wartete bereits, für eine Fahrkarte wieder keine Zeit. Zum Glück kann man ein Ticket gegen Aufpreis nachlösen, wenn man sich rechtzeitig beim Schaffner meldet und beichtet.

Im Abteil merkte Thomas schließlich, wie er auf die anderen Fahrgäste wirken mußte: durchschwitzt, schmutzig, und wahrscheinlich hatte auch noch das Deo versagt. Und alle Plätze belegt, also weiter in den nächsten Wagen. Es war der Bistrowagen und hier gab es freie Plätze und was zum Essen und zum Trinken. Endlich. Erschöpft ließ er sich nieder und freute sich bald über weitere freie Plätze. Was hatten die bloß? Das er keine Krawatte trug und nicht gekämmt war, konnte doch nicht Grund dafür sein, daß die Leute sich zurückzuogen. Was solls, Thomas würde um viertel nach neun zu Hause sein. Und dann duschen.


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