Wanderung zu den Gertelbach-Wasserfällen

Schon bei der Planung des Jahresprogramms für 2008 hatte Erich mich überredet, doch eine Schwarzwald-Wanderung anzubieten. Gut, den Schwarzwald hab ich in den vergangenen Jahren so oft besucht, daß es mir leicht fiel, eine schöne Wanderung herauszusuchen, die viele landschaftliche Reize bietet, nicht zu lang für eine Herbstwanderung ist und keine besonderen Anforderungen an Kondition und Erfahrung stellt. Ich hab mich für die Gertelbach-Wasserfälle entschieden. Genauer gesagt, für die Gertelbach-Rundtour von Bühlertal bis Bühlerhöhe und zurück.

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Ende Oktober kann natürlich noch wunderschöner Altweiber-Sommer herrschen. Aber nachdem die Wochenenden zuvor schon viel Sonne und Wanderwetter geboten hatten, war meine Befürchtung, daß der Sommer sich jetzt verausgabt hatte. Die Befürchtung war unnötig.

Auch die Bange, ob denn überhaupt jemand die Tour mitgehen will, erwies sich als überflüssig. Neun Leute waren es schließlich, die sich am frühen Sonntagmorgen an der Klause trafen, um mit drei Autos und guter Laune aufzubrechen.

Ich hatte mir eingebildet, gut vorbereitet zu sein für meine erste Wanderführung. Bald zeigte sich jedoch, daß das nicht ganz stimmte: „Fahr nur voraus, wir fahren hinterher“, sagte Erich. Also gut, dann erübrigt sich ja eine Beschreibung der Fahrstrecke. Mein Plan war folgende Route: Nagold – Simmersfeld – Baiersbronn – Murgtal – Schwarzenbach-Talsperre – Sand – Bühlertal. Und mit dieser Absicht fuhr ich los, die beiden anderen Fahrzeuge hinterher.

Über die neue Umgehungsstraße um Ergenzingen gelangt man schnell nach Nagold, ich fuhr also an der richtigen Abfahrt runter. Ein Blick in den Rückspiegel, um sicher zu stellen, daß die anderen mir auch folgen. Denkste! Die Autos hinter mir fuhren weiter auf der Umgehungsstraße Richtung Freudenstadt. Ich hatte wohl die falschen Fahrzeuge im Rückspiegel beobachtet, dachte ich. Also langsam weitergefahren,um die anderen aufschließen zu lassen. Nur – sie kamen nicht. Mist! Was jetzt? Sie haben nicht gemerkt, daß ich abgefahren bin und würden natürlich weiterfahren, im Vertrauen darauf, daß ich vor ihnen bin. Bis ich eine Stelle gefunden hatte, wo ich gefahrlos wenden konnte, hatten sie sicherlich einen beträchtlichen Vorsprung.

Gleich meine erste Wanderung sollte also in die Hose gehen. Wie peinlich.

Also mehr Tempo, um sie vielleicht einzuholen. Bis Horb war noch immer keine Spur von ihnen zu erkennen; ich mußte mir was einfallen lassen. Ich hatte zwar ein Handy dabei, aber natürlich keine Telefon-Nummer von Erich. Norbert hatte die rettende Idee: Ein Anruf zu Hause brachte die Telefonnummer von Erich’s Frau, und Frau Wellhäußer kannte natürlich seine Handy-Nummer. Und zum Glück hatte Erich das Gerät auch dabei. So gelang es uns schließlich doch, wieder zusammen zu finden,und gemeinsam die Fahrt fort zu setzen. Allerdings abweichend vom Plan jetzt über Freudenstadt, Kniebis und Schwarzwald-Hochstraße, vorbei am Mummelsee mit seinem abgebrannten Hotel bis zum Sand.

Erste Lektion für künftige Wanderungen: vor Abfahrt die Fahrstrecke besprechen; oder besser noch: einen Streckenplan ausdrucken und an alle Fahrer verteilen. Zweite Lektion: vor der Abfahrt Telefon-Nummern austauschen.

Nach mehr als einer Stunde Fahrt waren wir in Bühlertal angekommen, wo wir unsere Autos am Wanderparkplatz abstellen konnten. Hier beginnt nun die schöne Wanderung. Der Weg führt anfangs auf einem asphaltierten Gäßchen sanft bergan ins Gertelbach-Tal, im unteren Teil ein schönes Wiesental, eingerahmt von Wäldern an beiden Talflanken. Bald endet der Asphalt und man erreicht den Bach, jetzt führt nur noch ein Pfad auf weichem Waldboden am plätschernden Wasser entlang. Mehr oder weniger steil ansteigend führt dieser Weg über Steine, Wurzeln und Stege, mal links und mal rechts am Bach entlang durch die mit lichtem Mischwald bewachsene romantische Bergschlucht. Idylle pur.

Nach einer halben Stunde haben wir an einer Wegkreuzung die Gertelbach-Hütte erreicht und bereits gute zweihundert Höhenmeter geschafft. Wenn auch der Bach immer wieder kleinere Kaskaden überwinden mußte, die eigentlichen Wasserfälle liegen aber erst vor uns. Hier von der Hütte hat man einen herrlichen Blick darauf; nicht so hoch und nicht so bekannt wie die von Triberg, dafür aber viiiiiel schöner!

Wasserfall

Sehr eindrucksvoll stürzen sich die Wassermassen hier runde hundert Meter über die Felsen. Der Weg führt über eine Vielzahl von Steinstufen daran entlang weiter aufwärts. An der schönsten Stelle führt eine Holzbrücke direkt über den Wasserfall, mit einem phantastischen Blick über die Kaskaden ins Tal. Gelegentlich stehen Holzbänke am Weg und bieten sich zum Ausruhen an. Bald haben wir das obere Ende der Fälle erreicht und gehen weiter durch schönen Fichtenwald. Wir gelangen schließlich an die Verbindungsstraße vom Sand nach Bühlertal, direkt an der markanten Haarnadelkurve, an der das seit kurzem renovierte Hotel „Wiedenfelsen“ steht.

Das Hotel hat den Namen von einem Aussichtsfelsen, den man von hier aus in fünf Minuten auf steilen, schmalen Stufen erreicht. Die Aussicht von dieser Kanzel hinunter ins Bühlertal und in die Rheinebene ist wirklich großartig. Leider ist die Luft nicht ganz klar heute, sonst könnte man bis in die Vogesen hinüber sehen. Der Blick geht rüber auf die andere Talseite unterhalb der Bühlerhöhe, wo man auf exponierten Felsen die Herta-Hütte erkennen kann, die wir später noch aufsuchen wollen.

Wir steigen vom Wiedenfelsen wieder ab und überqueren jetzt die Straße. Ohne große Steigungen führt der sogenannte „Paradiesweg“ durch Laubwald um den großen Taleinschnitt herum, bis uns ein Wegweiser zum Hotel „Plättig“ weist. Dort erreichen wie die Schwarzwaldhochstraße, an der wir ein kurzes Stück entlang laufen. Jetzt steht noch ein Besuch der etwas abgelegenen Kapelle „Maria Frieden“ auf dem Programm, die auch als „Adenauer-Kapelle“ bekannt ist, weil der erste Bundeskanzler gerne hier oben auf der Bühlerhöhe weilte und sein Sohn 1958 die Kirche bauen ließ.

Die ersten Wanderer bekommen langsam Hunger, also gehen wir von hieraus weiter wieder in den Wald hinein, um endlich nach drei Stunden Wanderung die Herta-Hütte zu erreichen. Sie liegt fast atemberaubend schön auf einem steilen Felsvorsprung über dem Bühlertal, mit einer Aussicht, die die vom Wiedenfelsen noch übertrifft. Das ist der ideale Platz für unsere heutige Rast. Vom Wind geschützt sitzen wir in der offenen Hütte und verspeisen unser Rucksack-Proviant.

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Nach unserer Pause gehen wir unseren Weg wieder ein Stück zurück,jetzt durch Nadelwald, und stoßen an einen breiten geschotterten Waldwirtschaftsweg. Der führt uns wieder talwärts, bis wir durch die Bäume hindurch eine große, grüne Lichtung erkennen können: die Kohlbergwiese. Mitten im Wald liegt hier eine wunderschöne Wiese an einem kleinen idyllischen Bach, daneben ein Gasthaus mit einem schönen Biergarten. Im Sommer ist dies hier ein sehr beliebtes Ausflugziel, wo auch kleine Kinder auf ihre Kosten kommen, weil ein schöner Spielplatz zum Herumtoben einlädt. Wir sind aus dem Spielalter jedoch längst heraus und halten uns nicht länger hier auf. Durch eine schmale Schlucht geht der Weg weiter nach unten. Wir gehen auf einem uralten Karrenweg, der in früheren Zeiten die Verbindung vom Bühlertal über die Badener Höhe bis ins Murgtal darstellte. Auf holprigen Sandsteinfelsen im Boden sind tatsächlich noch Spurrillen der eisenbeschlagenen Holzräder zu erkennen, die seinerzeit an von Kühen oder Pferden gezogenen Karren dem Handel und der Versorgung der Waldbevölkerung dienten.

Wir stoßen auf einen Waldweg, der uns durch eine vom Sturm Lothar geschädigte Landschaft führt. Hier zeigt sich die gute Seite dieses Sturmes vom zweiten Weihnachtstag 1999, der seit dem wieder schöne Blicke ins Tal und die Rheinebene zuläßt.

Nach mehr als vier Stunden endet unsere Wanderung wieder in Bühlertal, wo unsere Autos geduldig auf uns gewartet haben.

Nachdem der Hinweg unplanmäßig über Freudenstadt geführt hat, wählen wir jetzt für die Rückfahrt die Strecke durch das Murgtal und das Nagoldtal zurück nach Rottenburg.

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